Augsburger Frauen auf der Spur
Veröffentlicht am 2.7.2010 in „Aichacher Zeitung“
Von Natascha Kuchar
Augsburg – Rosina Holl, geborene Reischle, zweite Ehefrau des Stadtbaumeisters Elias Holl, brachte dreizehn Kinder zur Welt, zog sie groß, kümmerte sich um einen Haushalt, in dem es Gesinde und prominente Gäste zu versorgen galt. Während des Dreißigjährigen Krieges erlebte sie zweimal die Amtsenthebung ihres Mannes. Niemand weiß, welche Stütze sie für ihn war. Nach dem Motto „Wir geben Frauen ein Gesicht“ hat der Frauengeschichtskreis Augsburg einen Frauenstadtplan herausgebracht.
Die Ehefrau des Augsburger Baumeisters ist eine von 56 Frauen, die der Frauenstadtplan zum Thema macht. Edith Findel, Historikerin und Mitglied im Frauengeschichtskreis Augsburg, erklärte gestern im Stadtvermessungsamt wie der Frauenstadtplan zu handhaben ist: Männer und Frauen soll er anregen, die Orte zu besuchen, an denen Augsburgerinnen ihre Spuren hinterlassen haben: Die Spitze des Perlachturms etwa krönt die (erfundene) vorrömische Stadtgöttin Cisa, die Elias Holl 1615 als Wetterfahne auf dem Turm befestigen ließ. Im Treppenhaus des Rathauses hängt eine Tafel, die an Else Mathy-Silberhorn erinnert. Die Gedenktafeln, Brunnen, Friedhöfe und Häuser sind auf dem Frauenstadtplan gekennzeichnet, auf der Rückseite gibt es die Informationen.
„Wir wollen die Frauen aus den Schatten der Vergessenheit holen und sie neben die Männer stellen“, sagte Martina Berthold, eine der Autorinnen des Stadtplans. Die Logopädin verfasste unter anderem den Artikel über Barbara Fugger, geborene Bäsinger. „Niemand denkt an die Mutter von Jakob Fugger. Dabei war sie eine tolle Frau. Mehr über sie zu wissen, rundet auch das Bild ab, das wir von ihrem Sohn haben.“
Im Herbst 2009 fing der Frauengeschichtskreis an, erste Pläne zu entwerfen und Sponsoren zu suchen. Um die Weihnachtszeit schrieben die Mitglieder dann die Texte – keine leichte Aufgabe, das Leben einer Frau in vier Sätzen wiederzugeben. Im März startete die heiße Phase, das Stadtvermessungsamt packte mit an.
Nicht nur Vergangenes findet sich in dem Plan, der in einer Auflage von 2000 Exemplaren erschienen ist. Anlaufstellen für Frauen wie der Sozialdienst katholischer Frauen sind ebenfalls aufgelistet, genauso ein Exkurs in die Geschichte des Frauenfußballs. Dass ein solches Projekt nicht in ein paar Monaten entsteht, darauf wies Findel hin: „Dahinter steckt jahrelange Recherchearbeit. Ein Teil unserer Arbeit haben wir schon in unseren Frauenkalender 2004 veröffentlicht.“
Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Augsburg Anita Conradi bedankte sich beim Frauengeschichtskreis und den Helfern vom Stadtvermessungsamt, die mitgearbeitet hatten, ohne ein Honorar zu verlangen. Für Conradi gibt es noch eine Menge Nachholbedarf in Sachen Gleichberechtigung: „Männer sind großartig, keine Frage. Was jedoch vergessen ist: Auch Frauen leisten Großartiges.“ Der neue Stadtplan soll weibliche Vorbilder vorstellen, um zu dokumentieren: „Frauen können ganz viel, in ganz viel Bereichen“.
Info: Die Frauenstadtpläne Augsburg sind kostenlos bei der Bürgerinfo und bei der Gleichstellungsstelle erhältlich. Mehr Informationen zum Frauengeschichtskreis Augsburg gibt es im Internet unter www.frauengeschichtskreis.de.